Klassischerweise wird für Hauterkrankungen bei Wasserschildkröten das Bakterium Citrobacter freundii als Ursache bezeichnet. Aber auch Citrobacter gillenii, andere gramnegative Bakterien sowie Mykobakterien können die Ursache sein. Das Bakterium Serratia spp. soll das Eindringen von Citrobacter in die Haut erleichtern. Außerdem spielen schlechte Haltung, schlechte Wasserqualität, kleine Hautverletzungen (Bisse, scharfkantige Steine), ein unzureichender Sonnenplatz (nicht trocken, ungeeignete Lampe), Fehlernährung (Häutungsstörung durch Mangel an Vitamin A) und ein durch chronischen Stress (Gruppenzusammensetzung) beeinträchtigtes Immunsystem eine Rolle bei der Entstehung von Hautentzündungen.
Eine gute Hygiene ist für die Vorbeugung von größter Bedeutung.
Von vielen Schildkrötenhalter:innen wird diese Erkrankung auch als „Pilz“ bezeichnet, weil die Haut aussieht als wäre sie von einem Pilz befallen. Aber meistens ist es halt doch kein Hautpilz, sondern eine bakterielle Entzündung der Haut. Bei manchen Exemplaren sieht die Veränderung auch „käsig“ aus, oft beginnt es aber zunächst mit Rötungen und Bläschen. Unbehandelt können ganze Krallen oder Gliedmaßen an der Erkrankung absterben. Im schlimmsten Fall stirbt sogar die ganze Schildkröte.
Neben den entzündlichen Veränderungen der Haut fällt bei erkrankten Wasserschildkröten oftmals (aber nicht immer) auch eine Anorexie (fressen nicht), Lethargie (Abgeschlagenheit) und kleine punktförmige Blutungen an Panzer und Haut (petechiale Blutungen) auf. Außerdem kann es zu Nekrosen und Abszessen der Leber kommen.
Grundsätzlich sollte bei einer Hautentzündung von Wasserschildkröten immer ein schildkrötenerfahrener Tierarzt aufgesucht werden. Dieser verschreibt nicht nur die passenden Medikamente, sondern sollte auch eine Probe nehmen und ins Labor schicken. In einem spezialisierten Labor kann man nicht nur herausfinden welche Bakterien für die Hautentzündung eine Rolle spielen, sondern auch ein Antibiogramm (auch Resistenztest genannt) machen. Mit Hilfe des Antibiogramms kann der Tierarzt dann ein Antibiotikum auswählen welches die Bakterien zielgerichtet tötet. Leider sind viele Bakterien gegen Antibiotika resistent, daher ist so ein Test (auch wenn er zusätzliches Geld kostet) unbedingt zu empfehlen. Um sicher zu sein, dass nur Bakterien und nicht auch noch Pilze zusätzlich für die Hautentzündung verantwortlich sind ist außerdem eine Pilzkultur oder (besser) eine histologische Pilzuntersuchung ratsam.
Oftmals reicht es für die Behandlung nicht, wenn nur die veränderten Stellen der Haut lokal mit einer antiseptischen Lösung (z. B. PVP-Jod) behandelt werden, sondern es muss auch ein Antibiotikum systemisch gegeben werden. Wenn man noch keinen Resistenztest vorliegen hat, dann sind oft Doxyzyklin, Trimethoprim/Sulfamethoxazol oder Enrofloxacin eine gute Wahl. Wichtig ist zudem eine gründliche Wundtoilette (Débridement), also die Entfernung von infiziertem und abgestorbenem Gewebe durch den Tierarzt. Wie bei vielen Erkrankungen von Wasserschildkröten ist auch hier die Gabe von Vitamin A sinnvoll. Zusätzlich kann man die Wasserschildkröte für mehrere Stunden am Tag trocken setzen.
Am häufigsten sind Wasserschildkröten der Familien Weichschildkröten (Trionychidae) und Neuwelt-Sumpfschildkröten (Emydidae) betroffen. Dazu gehören ganz viele der in Nordamerika vorkommenden Schildkröten, zum Beispiel Schmuckschildkröten, Höckerschildkröten und Diamantschildkröten.
In der englischen Literatur wird diese Erkrankung Septicemic Cutaneous Ulcerative Disease (SCUD) genannt. Das heißt auf deutsch Septikämische ulzerierende Hauterkrankung. Septikämisch kommt von Septikämie und bedeutet, dass Bakterien oder Toxine im Blut auftreten. Ulzerierend bedeutet, dass es ein Ulkus gibt, also ein Geschwür, was einen tiefliegenden Substanzdefekt meint. Es bedeutet also die Haut gammelt weg und die Bakterien kommen nicht nur an der entzündeten Stelle vor, sondern im ganzen Körper. Neben der Hautentzündung werden oftmals auch die Panzernekrosen der Wasserschildkröten als SCUD bezeichnet.
Diese Seiten sollen Ihnen nur als ersten Anhaltspunkt dienen wenn ihre Schildkröte krank sein sollte. Bitte versuchen Sie keinesfalls ihre Schildkröte selbst zu behandeln, dies kann sich nur zum Nachteil ihrer Schildkröte auswirken. Gehen Sie lieber einmal zu viel als zu wenig zu einem schildkrötenerfahrenen Tierarzt
Literatur
Brockmann, M., H. Aupperle-Lellbach, E. Müller, A. Heusinger, M. Pees, & R. E. Marschang (2020): Aerobes Keimspektrum und Resistenzlage bei Hautläsionen von Reptilien. – Tierärztliche Praxis Ausgabe K: Kleintiere/Heimtiere, 48(02), S. 78-88.