Wer das Monströse liebt, sich aber vom Handling von Krokodilen oder deren Unterbringung überfordert fühlt, findet in der Großkopfschlammschildkröte das passende Terrarientier. Es reicht ein klassisches Meterbecken, um dem Bewegungsbedürfnis dieser Tiere zu entsprechen. Die weitere Haltung oder gar Fortpflanzung stellt jedoch einige Anforderungen an den Halter.
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Beschreibung & Größe
Die Großkopfschlammschildkröte gehört wie die bekannte Moschusschildkröte oder die Klappschildkröten zu den Schlammschildkröten Amerikas. Dort bildet sie mit zwei weiteren Arten die Untergruppe der Kreuzbrustschildkröten. Der Name ergibt sich aus dem extrem reduzierten Bauchpanzer, der im Fall von Claudius sogar zu ein völligen Verschwinden einer sichtbaren Brücke, der Verbindung zwischen Bauch- und Rückenpanzer, führt.
Claudius angustatus sind Pitbulls für Pantoffelhelden
Keine Schildkrötenart ist von der Bauchseite her weniger geschützt als Claudius. Hieraus ergibt sich möglicherweise die extreme Aggressivität der Art. Sobald man sich den Tieren nähert, reißen sie das Maul auf und drohen und beißen oftmals mit voller Wucht gegen die Scheibe, dass es knallt! Man musst beim Anfassen der Tiere gut auf seine Finger achtgeben.
Der Unterkiefer ist mit einem langen spitzen und gebogenem Ende versehen, der Oberkiefer mit drei spitzen Zacken. Mit diesen können sie hervorragend ihre Beute packen und knacken. Erwachsene Tiere knacken mit einem Biss große Weinbergschnecken.
Die Tiere erreichen eine Endgröße von 10 bis 18 cm.
Sie leben in kleinen Gewässern in Mexiko und benötigen gleichbleibend hohe Temperaturen. Sie sind also nur für die Zimmerhaltung geeignet. In ihrem natürlichen Lebensraum trocknen die Tümpel im Frühjahr aus, wie man dies in der Haltung nachstellen kann berichte ich später.
Haltung im Aquarium
Erwirbt man eine junge Nachzucht einer Großkopfschlammschildkröte, bringt man diese zunächst einzeln (!) in einem 60 cm Aquarium unter. Der Wasserstand sollte etwa 10 cm betragen, auf eine gute Filterung und einen regelmäßigen Wasserwechsel sollte man achtgeben. Auf einen Landteil oder eine Sonneninsel kann verzichtet werden, da Claudius nur zur Eiablage und zum Sterben an Land gehen. Man sorgt mit einer Strahler oder einem zusätzlichen Regelheizer für Temperaturen zwischen 26 und 30 °C. Auf einen UV-B Anteil im Licht kann nach meiner Erfahrung verzichtet werden, schaden kann er jedoch nicht.
Ab einem Jahr sollte das Tier in ein 80 cm umziehen, nach einem weiteren Jahr in ein Becken mit einer Kantenlänge von 100 cm oder mehr. Die Tiere werden durchgehend einzeln gehalten. Eine Vergesellschaftung mit artgleichen Tieren oder anderen Schildkröten kann für das unterlegene Tier tödlich enden. Es bietet sich jedoch an, Guppys oder ähnliche anspruchslose Fische mit im Aquarium zu halten. Die Atmung der Fische ist ein guter Indikator für die Wasserqualität und die jungen Claudius sind gut damit beschäftigt, den Tieren nachzujagen. Bei dichter Bepflanzung wachsen jedoch immer genügend neue Guppys auf. Der Wasserstand kann bei älteren Tieren problemlos 50 cm betragen, da Claudius erstaunlich rege und gute Schwimmer sind.
Ernährung
Gefüttert wird im ersten halben Jahr täglich, dann alle zwei Tage. Ab einem Jahr reichen zwei Fütterungen in der Woche, Erwachsene Tiere erhalten bei mir nur einmal wöchentlich Nahrung. Es gibt kein Futter, das Claudius verweigert. Am besten geeignet sind Regenwürmer, Schnecken, Grillen, Krebstiere, Fische, nestjunge Mäuse, Geflügelherz und -leber und Trockenfuttermittel. Bitte abwechslungsreich füttern und nur soviel geben, wie die Tiere innerhalb einiger Augenblicke verschlingen! Sobald die Tiere mit etwa 10 cm als ausgewachsen angesehen werden können, ist es wichtig sie äußerst sparsam zu füttern. Claudius neigen zum Verfetten und eine einmal verfettetes Tier wird ewig wie ein Michelinmännchen aussehen, auch wenn man das Gewicht durch Fasten reduzieren kann.
Trockenruhe
Wenn man sich am Beobachten einer Claudius begnügt und keine Zuchtversuche unternehmen möchte, kann man auf das Nachstellen der Trockenzeit im natürlichen Lebensraum verzichten. Die Tiere brauchen diese Extremsituation nicht. Wenn man sie jedoch zur Fortpflanzung bringen möchte, ist dies möglicherweise von Vorteil. Ich lasse in meinen Aquarien den Wasserstand im Februar langsam immer mehr absinken, bis die Tiere nur noch auf feuchtem Sand sitzen. Dann nehme ich sie und setzte sie in ein 1 zu 1 feuchtes Gemisch aus Torf und Sand, das sich in einem großen Eimer befindet, in den ich zahlreiche Luftlöcher gebohrt habe. Dort graben sie sich in der Regel innerhalb einiger Stunden ein. Tun sie das nicht, grabe ich sie ein. Graben sie sich wieder aus, wiederhole ich das noch einige Male und breche ggf. nach zwei Wochen die Trockenruhe ab. Im Regelfall ruhen die Tiere dann jedoch für zwei Monate bei 27°C in ihrem Eimer und das Substrat wird nur gelegentlich nachgefeuchtet. Hole ich sie dann aus ihrem Eimer, haben sie kein Gewicht verloren und sehen aus wie das Ding aus dem Sumpf, paniert mit Sand. Dann setze ich die Tiere in ihr Aquarium. Zunächst bei niedrigem Wasserstand, der dann innerhalb weniger Tage auf das ursprüngliche Level erhöht wird. Es gehört schon etwas Urvertrauen zu dieser Prozedur, aber ich habe niemals ein Tier in der Trockenruhe verloren. Kränklichen Tiere sollten jedoch niemals in Ruhepausen geschickt werden!
Geschlechtsbestimmung
Zucht
Die Nachzucht von Claudius ist eine besondere Herausforderung. Zunächst ist da das Zusammensetzung des Paares unter Aufsicht im Herbst. Sollte das Weibchen flüchten und nicht auf das Werben des Männchen mit Interesse reagieren, muss man sie sofort trennen. Andernfalls könnte das ganze zu schweren Verletzungen oder gar dem Tod eines Tieres führen.
Die Eiablage von 2-10 Eiern erfolgt dann nach etwa 4 Wochen meist nachts. Claudius können erstaunliche und unnatürliche Mengen an Gelegen in Gefangenschaft produzieren. Hier hilft dann die Unterbrechung der fortwährenden Eiablagen alle 4 Wochen durch eine abrupte Trockenruhe.
Die Eier auszubrüten birgt weitere Probleme. Es gibt Halter, bei denen Schlüpfen Jungtiere, die ohne besondere Bemühungen bei etwa 28°C in eher trockenem Brutsubstrat liegen. Ich erzielte die besten Erfolge, indem ich die Eier nach der Ablage für 4 Wochen bei 18-20°C aufstellte und erst dann in den warmen Inkubator überführte. So dauerte es in der Regel 160 Tage bis zum Schlupf, in Einzelfällen dauerte es jedoch auch schon an die 300 Tage.
Die Aufzucht erfolgt dann auch einzeln bei peniblem Achten auf die Wasserqualität. Wechselt man das Wasser nicht beim ersten Anzeichen von Verunreinigungen, reagieren die Tiere leicht mit einer Reizung der Augen, Belegen im Mund oder Problemen bei der Regulation des Auftriebes im Wasser. Diese Symptome enden manchmal tödlich.
Fazit
Alles in allem kann man die Großkopfschlammschildkröte jedem Schildkrötenhalter mit Vorerfahrungen empfehlen. Arten, die es einem zu einfach machen, sind doch auf Dauer schrecklich langweilig, oder?
Literatur
Klawonn, O. (2018): Claudius angustatus – Handliche Monster. – Radiata 27 (1): S. 37-54.
Text & Fotos: Ole Klawonn