Biologische Filterung
Während Trübstoffe und feine Schwebeteilchen oft zu Kopfzerbrechen führen, machen sich viele Schildkrötenhalter:innen keine Gedanken um die wirklichen Probleme des Aquarienwassers. Es gibt mehrere giftige Stickstoffverbindungen die im Aquarium auftreten und denen man unbedingt mehr Beachtung schenken sollte. Von dieser biologischen Filterung sieht man leider nichts, aber sie ist wichtig.
Was versteht man unter Einfahren?
In einem neu eingerichteten Aquarium sind die nitrifizierenden Bakterien Nitrosomonas und Nitrobacter noch nicht vorhanden. Diese Bakterien sind aber für den Stickstoffabbau (dazu später mehr) immens wichtig. Diese Filterbakterien müssen sich im Laufe der Zeit erst entwickeln, sie bewohnen dann später das Filtermaterial und den Bodengrund des Aquariums. Es dauert mehrere Wochen bis sich ausreichend Filterbakterien eingestellt haben und der Abbau von Stickstoffverbindungen sichergestellt ist.
Viele Leute sind der Ansicht, dass ein Einfahren von Schildkrötenaquarien nicht nötig ist. Das liegt schlicht daran, dass Schildkröten bei schlechten Wasserwerten nicht so schnell sterben wie Fische. Gelegentlich liest man, dass Nitrit für Schildkröten nicht giftig wäre, weil sie Luft atmen und nicht wie Fische mit Kiemen aus dem Wasser Sauerstoff aufnehmen. Aber Nitrit kann nicht nur über die Kiemen, sondern auch über die Schleimhaut (Kloake, Maul etc.) aufgenommen werden. Wasserschildkröten müssen das Wasser ja auch trinken und nehmen dann hochgiftige Stickstoffverbindungen auf, wenn sie in ein nicht eingefahrenes Aquarium gesetzt werden.
Ich empfehle auch ein Schildkrötenaquarium einfahren zu lassen. Zunächst drei Wochen ganz ohne Tiere, dann können eventuell Fische eingesetzt werden. Weitere zwei Wochen später die Schildkröte. Wenn du keine Fische mit der Schildkröte zusammen halten möchtest, dann kann die Schildkröte nach drei Wochen bereits einziehen.
Während des Einfahrens ist kein Wasserwechsel notwendig. Liegt der Nitratwert über 50 mg/L liegt, empfehle ich einen Wasserwechsel vor dem Einsetzen der ersten Bewohner.
Da die wichtigen Filterbakterien auf dem Filtermaterial leben sollte man Filtermaterialien nie mit heißem Wasser auswaschen, das würde zum Tod der wichtigen Bakterien führen. Die richtige Temperatur zum auswaschen der Filtersachen ist exakt die Temperatur die gerade auch im Aquarium herrscht.
Nitritpeak
Während des Einfahrens eines Aquariums kommt es zum Nitritpeak. Das ist eine Erhöhung der Nitrit-Konzentration zu ihrem Maximum. Wenn man also den Nitrit-Wert seines Aquariums gut im Blick hat, sprich täglich misst, dann kann man eventuell schon früher mit dem Einsetzen der ersten Tiere beginnen.
Für den Stickstoffabbau sind Bakterien nötig. Im frisch eingerichteten Aquarium gibt es sie aber noch nicht in ausreichender Anzahl. Die Nitrosomonas-Bakterien, die Ammoniak zu Nitrit abbauen vermehren sich relativ schnell. Daher steigt irgendwann dann die Nitrit-Konzentration im Wasser. Die für die Umwandlung von Nitrit in Nitrat nötigen Nitrobacter-Bakterien vermehren sich aber nicht so schnell wie die Nitrit-Konzentration steigt, daher steigt die Nitrit-Konzentration zunächst immer weiter (bis auf lebensbedrohliche Werte für Fische und Schildkröten). Irgendwann haben sich endlich die Nitrobacter ausreichend vermehrt und kümmern sich um den Nitrit-Abbau. Nun fallen die Nitrit-Werte und es entsteht so langsam ein biologisches Gleichgewicht im Aquarium. In einem eingefahrenen Aquarium geschieht die Umwandlung von Nitrit zu Nitrat so schnell, dass kein Nitrit im Wasser nachweißbar ist.
Der Nitritpeak dauert ungefähr eine Woche und ist etwa drei bis sechs Wochen nach der Neueinrichtung eines Aquariums in der Regel vorbei.
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Man kann das Einfahren eines Aquariums verkürzen, wenn man es mit Filterbakterien „impft“. Das kann man beispielsweise machen indem man Filtermaterial aus einem eingefahrenen Aquarium in das neu eingerichtete Aquarium einbringt. Hat man kein eingefahrenes Aquarium zur Hand, dann kann man im Handel „Filterbakterien“ in Flaschen kaufen und so die Einlaufzeit verkürzen. Es müssen nicht die speziellen Filterbakterien für Wasserschildkröten sein, die für Fische tun es auch.
Stickstoffabbau (Nitrifikation)
Stickstoff gehörte zu den lebensnotwendigen Elementen, denn es ist in Proteinen immer enthalten. Durch Futterreste, abgestorbene Pflanzen sowie Kot und Urin der Wasserschildkröten (und Fische) gelangen organische Stickstoffverbindungen in das Wasser eines Aquariums. Diese Stickstoffverbindungen sind giftig, daher muss es Ziel sein sie möglichst gering zu halten.
Der Abbau von Stickstoff wird Nitrifikation genannt. Er erfolgt über mehrere Schritte, immer ist dafür Sauerstoff und bestimmte Bakterien nötig. Am Ende kommt als letzte Stufe Nitrat heraus.
Der Stickstoffabbau ist die Biologische Filterung
Die Ausscheidung von Stickstoff erfolgt bei vielen Reptilien in Form von Harnsäure, diese fällt aus und kann mit geringem Wasserverlust ausgeschieden werden (Urate). Anders läuft es bei Wasserschildkröten, da sie ja im Wasser leben müssen sie nicht mit Wasser sparen, sie scheiden Ammoniak und Harnstoff aus. Der Harnstoff wird von Bakterien die das Enzym Urease herstellen zu Ammoniak umgewandelt. Urease wird von einer Vielzahl verschiedener Bakterien gebildet.
Im Wasser liegt Ammoniak aber nur bei einem pH-Wert über 7 als Ammoniak vor, ist das pH-Wert unter 7, so liegt es als Ammonium vor. Ammoniak ist hochgiftig, Ammonium hingegen nicht. Aber selbst wenn im Schildkröten-Aquarium der pH-Wert über 7 liegt kommt es nicht so schnell zu einer Vergiftung, denn wir haben das Aquarium ja „einfahren“ lassen. Also gibt es Bakterien (Nitrosomonas) die Ammoniak und Ammonium im Rahmen der Nitritation in Nitrit umwandeln. Soweit so gut, leider ist auch Nitrit hochgiftig. Deshalb werden im nächsten Schritt Bakterien mit dem klangvollen Namen Nitrobacter aktiv, sie wandeln Nitrit in das weniger giftige Nitrat um (das nennt sich dann Nitratation). Nitrat ist leider auch giftig, aber nicht so giftig wie Nitrit und Ammoniak. Nitrat sammelt sich im Wasser an und ist erst ab einer Konzentration von mehr als 50 mg pro Liter bedenklich. Richtig krass schädlich wird es ab einer Konzentration von 150 mg pro Liter, da die Gefahre einer Denitrifikation besteht und wieder Nitrit und Ammoniak entstehen können.
Das während der Nitrifikation entstandene Nitrat ist ein super Dünger für Algen und Wasserpflanzen. In der Natur gibt es weniger Tiere und mehr Pflanzen auf der selben Fläche als im Aquarium, daher ist dort Nitrat oftmals der begrenzende Faktor beim Wachstum von Pflanzen. Im Schildkrötenaquarium ist es aber ja nicht so einfach es schön zu bepflanzen. Deshalb reichert sich das Nitrat im Laufe der Zeit im Wasser an, es gibt ja keine oder kaum Wasserpflanzen die es verbrauchen. Um dann Nitrat aus dem Wasser zu entfernen muss man einen Wasserwechsel machen.
Nitrit lagert sich an den Roten Blutkörperchen von Fischen und Schildkröten an und führt so zu Sauerstoffmangel bei diesen.
Ohne Sauerstoff funktioniert der Abbau des Stickstoffs zu Nitrat im Aquarium nicht. Bei Sauerstoffmangel kommt es zu einer Anreicherung von Nitrit und Ammoniak im Wasser. Zudem kann es bei Sauerstoffmangel passieren, dass es zur Nitrat-Reduktion kommt und wieder Nitrit und Ammoniak entstehen.
Grenzwerte für Stickstoff-Verbindungen im Schildkröten-Aquarium
Ammoniak: weniger als 0,5 mg/L
Nitrit: sollte nicht nachweißbar sein
Nitrat: weniger als 100 mg/L, ideal unter 50 mg/L
Links
http://www.deters-ing.de/Gastbeitraege/nitritpeak.htm
http://www.aqua4you.de/community_artikel184.html