Europäische Sumpfschildkröten, Emys orbicularis

Du suchst eine Wasserschildkröte zur ganzjährigen Haltung im Gartenteich? Dann ist die Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) genau die richtige Art für dich!

Typische Zeichnung des Rückenpanzers von Europäischen Sumpfschildkröten (Emys orbicularis)

Verbreitung und Unterarten

Das Verbreitungsgebiet ist riesig, vom Westlichen Nord-Afrika über Süd-, Zentral- und Ost-Europa bis Kleinasien und bis zum Kaspischen Meer und Aralsee im Osten. Auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es noch wild lebende Europäische Sumpfschildkröten, durch immer knapper werdenden Lebensraum sind sie jedoch stark bedroht. Es werden zahlreiche Unterarten anerkannt, die ich an dieser Stelle nur kurz aufzählen möchte, die Verbreitungsgebiete können der Literatur entnommen werden.

Verbreitung der Europäischen Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) [Karte: Ninjatacoshell, Quelle]

Nach der aktuellen Liste der Schildkrötenarten (TTWG 2017) anerkannte Unterarten der Europäischen Sumpfschildkröte:

  • Emys orbicularis orbicularis
  • Emys orbicularis eiselti
  • Emys orbicularis galloitalica
  • Emys orbicularis hellenica
  • Emys orbicularis ingauna
  • Emys orbicularis occidentalis
  • Emys orbicularis persica
  • Emys trinacris [jetzt eine eigene Art, war vorher eine Unterart]

Neben diesen derzeit anerkannten Unterarten gibt es noch unzählige weitere, bis zu 20 Unterarten wurden mal gleichzeitig geführt. Es ist nicht möglich anhand des Aussehens seriös die Unterart von Emys orbicularis zu bestimmen, dazu muss man entweder wissen woher die Exemplare stammen oder die Tiere genetisch untersuchen. Bei der genetischen Untersuchung im Labor werden dann sogenannte mitochondriale Linien unterschieden. Diese Linien werden mit römischen Ziffern durchnummieriert und erlauben die Zuordnung zu einem Herkunftsgebiet, teilweise sogar zu einer Unterart:

  • I) Ostpolen bis westliches Russland, Schwarzmeergebiet
  • II) Katalonien, Frankreich, Deutschland, Serbien, Ungarn, Ostgriechenland
  • III) Süditalien
  • IV) Westbalkan (Emys o. hellenica)
  • V) Emys o. galloitalica mit den ehemaligen Unterarten Emys o. lanzai und Emys o. capolongoi
  • VI) Emys o. occidentalis (sowie ehemalige Unterarten Emys o. hispanica und Emys o. fritzjuergenobsti)
  • VII) nördliches Kaspisches Meer
  • VIII) südliches Kaspisches Meer (ehemals Emys orbicularis iberica)

Bei einigen Schildkrötenfreunden wird unter dem Namen Emys o. luteofusca zudem noch eine besonders gelbe (oder sagen wir einfarbig gelbbraune) Form der Europäischen Sumpfschildkröte gepflegt, die aus der südlichen Zentralanatolischen Hochebene stammen soll. Diese Unterart wird aber derzeit nicht anerkannt.

Anhand des Aussehens ist es nicht möglich die Unterart einer Europäischen Sumpfschildkröte zu bestimmen

Erwerb

Es gibt zahlreiche Züchter der Europäischen Sumpfschildkröte, beim Kauf sollte man darauf achten die nötigen Papiere für diese artgeschützte und meldepflichtige Schildkrötenart zu bekommen. Das Einsammeln wild lebender Exemplare ist nicht nur in Deutschland, sondern im gesamten Verbreitungsgebiet verboten.

Größe und Gewicht

Europäische Sumpfschildkröten können bis zu 23 cm Panzerlänge erreichen, bleiben meistens aber kleiner. Auf den Inseln Pag und Kefallina, in einzelnen Gebieten an der dalmatinischen Küste, auf dem Peloponnes und vermutlich auch auf Sizilien und an der ligurischen Küste gibt es Zwergpopulationen die gerade einmal 10-12 cm Panzerlänge erreichen. Als Faustformel kann man sagen, dass Exemplare im Norden des Verbreitungsgebietes größer werden als im Süden (FRITZ 2012).

Maximal können Europäische Sumpfschildkröten 1500 g erreichen, in Südeuropa in der Regel jedoch höchstens 500-600 g (FRITZ 2012).

Europäische Sumpfschildkröten haben eine oliv-gelb-gepunktete Haut

Oft werden in Deutschland Europäische Sumpfschildkröten gehalten und gezüchtet die vom Balaton (Plattensee, Ungarn) stammen sollen. Bei ungarischen Emys orbicularis werden Weibchen im Schnitt 16 cm (maximal 20 cm) und Männchen 13 cm (maximal 17 cm) groß.

Aquarien-Haltung

Zur Haltung im Aquarium sind nur Exemplare aus den südlichen Teilen des Verbreitungsgebietes geeignet. Es sollte mindetens eine Länge von 120 cm aufweisen und einen möglichst hohen Wasserstand. Wichtigster Einrichtungsgegenstand ist ein geeigneter Sonnenplatz mit entsprechender lichtstarker Beleuchtung (Halogen-Metalldampflampen).

Teich-Haltung

Diese Schildkrötenart ist die ideale Schildkröte für den Gartenteich. Jedoch sollte man auf die Herkunft der Tiere achten, die südlichen Unterarten können nicht ganzjährig im Gartenteich gepflegt werden. Wohingegen Europäische Sumpfschildkröten aus Ungarn, Polen, Russland etc. hervorragend für den heimischen Gartenteich geeignet sind. Ein normaler Gartenteich ist jedoch leider oft nicht sehr geeignet zur Pflege von Schildkröten. Ein idealer Schildkrötenteich hat sehr große Flachwasserzonen, in denen sich das Wasser viel schneller erwärmt als in tieferen Zonen. Wenn die Tiere im Gartenteich überwintern sollen, so muss er an der tiefsten Stelle mindestens 1,2 m tief sein. Die Wände des Teiches dürfen jedoch keineswegs steil abfallen, sondern müssen relativ flach ansteigen, um auch kalten (und somit nicht so beweglichen Schildkröten) zu ermöglichen das Ufer kletternd zu erreichen. Bewährt hat sich daher eine Schicht Beton oder ähnliches auf der Teichfolie, so können finden die Wasserschildkröten deutlich besser Halt auf der Folie.

Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) im Gartenteich

Ernährung in der Natur

In der Natur fressen Europäische Sumpfschildkröten hauptsächlich Wasserinsekten, aber auch Mollusken (Weichtiere: Schnecken, Muscheln), Pflanzen, Amphibien und selten Fisch (meist als Aas oder Fischbrut).

Zusammensetzung der Nahrung von Emys orbicularis im Kaukasusvorland (nach KRASAWZEW 1941 in FRITZ 2012):

Ringelwürmer1,3 %
Blutegel0,9 %
Tausendfüsser0,2 %
Mosaikjungfern-Larven0,1 %
Maulwurfsgrille2,8 %
Feldheuschrecken0,1 %
Italienische Schönschrecke0,2 %
Schildwanzen1,3 %
Maiswanze0,7 %
Rückenschwimmer0,1 %
Behaarter Schnellläufer0,1 %
Gelbrandkäfer0,5 %
Eulenfalter-Raupen0,1 %
Fischbrut21,1 %
Seefrosch65,9 %
Pflanzenbestandteile3,3 %

In anderen Studien lag der Pflanzenanteil bei 16-32 %, außerdem gibt es Studien in denen keinerlei Fischbrut gefressen wird, dafür aber Fisch-Aas. So eine Tabelle kann immer nur die Momentaufnahme für einen Ort sein.

Fütterung als Haustier

Die Tiere nehmen fast nur tierische Futtermittel in Form von Wasserinsekten, Fischen und ähnlichem an, in der Ernährungsrubrik auf dieser Homepage werden viele Futtermittel vorgestellt. Pflanzliches Futter wird selten und in geringen Mengen jedoch auch verspeist. Insbesondere bei hohen Temperaturen im Sommer werden auch Pflanzen verzehrt, zum Beispiel Fadenalgen, Wasserpest und Wasserlinsen, aber auch Löwenzahn.

Winterruhe

Wenn die Tiere im Gartenteich gepflegt werden ist die Überwinterung sehr einfach: Man tut einfach nix 😉 Die Schildkröten bereiten sich selbstständig auf die Winterstarre vor und wachen im Frühjahr von alleine wieder auf. Der Teich muss dazu jedoch mindestens eine Tiefe von 1,2 m haben. Mittels eines Eisfreihalters muss garantiert werden dass die Oberfläche nicht vollständig zufriert, damit eventuell entstehende Fäulnissgase entweichen können.

Bauchpanzer-Ansicht einer männlichen Europäischen Sumpfschildkröte (Emys orbicularis)

Geschlechtsbestimmung

In der Regel sind Männchen der Europäischen Sumpfschildkröte kleiner als Weibchen. Der Bauchpanzer von männlichen Emys orbicularis ist konkav, der von Weibchen hingegen flach. Der deutlichste Unterschied ist jedoch der Schwanz. Bei Männchen ist er dicker und länger als bei Weibchen. Außerdem ist die Kloake bei weiblichen Europäischen Sumpfschildkröten bei ausgestrecktem Schwanz in Höhe des Panzerrandes, bei Männchen hingegen weit außerhalb. Es gibt auch Unterschiede bei der Panzerfärbung und der Irisfärbung, aber die variieren zwischen den Unterarten (die Iris sogar zusätzlich noch von der Jahreszeit abhängig). Auf die ganzen Merkmale zur Unterscheidung von Männchen und Weibchen wird auf der Seite Geschlechtsbestimmung bei Europäischen Sumpfschildkröten ausführlich mit aussagekräftigen Fotos eingegangen.

Männliche Europäische Sumpfschildkröten haben einen konkaven (eingedellten Bauchpanzer)

Links

emys-home.de

schildkroetenteiche.de

Buchtipps

Im Praxis Ratgeber „Freilandanlagen für Wasser- und Sumpfschildkröten“* von Günter Kalter wird ausführlich auf die korrekte Anlage eines Schildkrötenteichs eingegangen, außerdem werden teichgeeignete Wasserschildkröten, wie die Europäische Sumpfschildkröte, besprochen.

Das von Bernd Wolff verfasste Buch „Europäische Sumpfschildkröten: Lebensweise, Haltung, Nachzucht“* geht ausführlich auf die Bedürfnisse der Europäischen Sumpfschildkröte ein und ist absolut zu empfehlen.

Das Buch „Die Schildkröten Europas – Ein umfassendes Handbuch zur Biologie, Verbreitung und Bestimmung“* trägt seinen Namen zu Recht. Es enthält ganz viele Informationen zum Leben der Europäischen Sumpfschildkröte in der Natur. Auf die Haltung als Haustier wird hingegen nicht eingegangen. Trotzdem eine tolle Ergänzung für die Bibliothek eines jeden Sumpfschildkröten-Freunds.

Verwendete und weiterführende Literatur

DAUBNER, M. (2005): Kletternde Sumpfschildkröte Emys orbiscularis. – Schildkröte im Fokus, 2(4):35.

DAUBNER, M. (2006): Die Schildkrötengerechte Teichschale. – Schildkröte im Fokus, 3(2):34.

FRITZ, U. (2012): Emys orbicularis (Linnaeus, 1758) – Europäische Sumpfschildkröte. – In: FRITZ, U. (Hrsg.): Die Schildkröten Europas – Ein umfassendes Handbuch zur Biologie, Verbreitung und Bestimmung. – Aula-Verlag, S. 343 – 515.

MÄHN, M. (2003): Die Europäische Sumpfschildkröte Emys orbicularis (Linnaeus, 1759) – die ideale Schildkröte für den Gartenteich. – DRACO, 13(4):19-24.

MEESKE, A.-C.M.; SNIESHKUS, E. & WELTER-SCHULTES, F.W. (2000): Aufzucht und Wachstumsanalysen der Europäischen Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) aus Litauen. – Salamandra, 36(2):89-102.

MÜLLER, M. (1996): Handbuch ausgewählter Klimastationen der Erde. – Trier (Forschungsstelle Bodenerosion der Universität Trier Mertesdorf [Ruwertal] 5) 400S.

PAWLOWSKI, S. (2003): Bemerkungen zur Nachzucht der Europäischen Sumpfschildkröte, Emys orbicularis (Linnaeus, 1758) bei kombinierter Terrarien- und Freilandhaltung. – elaphe, 11(1): 30-36.

PHILIPPEN, H.-D. (2004): Europäische Sumpfschildkröten (Emys orbicularis Linnaeus, 1758) – Eine imposante Art in zahlreichen Fromen und Farben. – Marginata, 1(2):10-13.

WOLFF, B. (2004): Beobachten und Erfahrungen bei der Haltung und Zucht der Europäischen Sumpfschildkröte (Emys orbicularis Linnaeus, 1758). – Marginata, 1(2):14-23.