Gruppenhaltung von Wasserschildkröten

Es gibt Tierarten da hat sich herumgesprochen, dass man sie besser alleine hält. Hamster zum Beispiel. Aber bei Wasserschildkröten haben die Leute einfach das Verlagen sie in Gruppen zu halten. Das ist ein Problem, denn nicht jede Wasserschildkröte kann man einfach so mit jeder anderen Wasserschildkröte in einen gemeinsamen Behälter schmeißen. Oftmals entstehen aus der Gruppenhaltung Probleme.

Oftmals sonnen sich Wasserschildkröten in großen Gruppen

In der Natur sieht man oftmals große Gruppen Wasserschildkröten die sich gemeinsam am Ufer oder auf einem in das Wasser gefallenen Baumstamm sonnen. Aber: An Land herrscht für die meisten Wasserschildkröten „Waffenruhe“. Selbst Exemplare die sich im Wasser noch gebissen haben können sich gemeinsam sonnen. Beim Sonnenbad ist es sogar ein Vorteil, wenn mehrere Wasserschildkröten gemeinsam einen Sonnenplatz nutzen. Je mehr Schildkröten nach Feinden Ausschau halten, desto sicherer ist das Sonnen. Sobald eine Schildkröten panisch ins Wasser springt folgen ihr die anderen. In der Natur ist der Lebensraum unter Wasser dann aber viel größer als jedes Aquarium, so dass sich die Tiere im Wasser dann aus dem Weg gehen können.

Jungtiere

Bei Jungtieren kann eine Gruppenhaltung noch funktionieren. Aber spätestens bei Eintritt der Geschlechtsreife treten dann meistens Probleme auf. Die Schildkröten fangen oft an sich zu jagen oder gar zu beißen. Auch wenn eine Wasserschildkröte sich ständig und ausdauernd sonnt, kann das ein Zeichen von Stress durch andere Becken-Insassen sein. Daher müssen die Schildkröten dann auf jeden Fall getrennt werden.

Bei Jungtieren klappt die Gruppenhaltung meistens noch

Ein typisches Problem bei der Gruppenhaltung von Jungtieren ist Schwanzbeißen. Schon ein Schwanzbeißer im Aquarium genügt und „plötzlich“ fehlt fast allen anderen Jungtieren ein Stück von der Schwanzspitze. Deshalb ist es zu empfehlen bereits Jungtiere separat zu pflegen, insbesondere bei Wasserschildkröten-Arten mit langem Schwanz. Die abgebissenen Schwänze heilen zwar meistens relativ gut, aber später haben solche Schildkröten oftmals Probleme mit Penis-Vorfällen oder Darm-Vorfällen.

WOLFF (2015)* dokumentierte die Gewichts-Entwicklung von Jungtieren bei verschiedenen Gruppengrößen. Er machte dies bei der Europäischen Sumpfschildkröte (Emys orbicularis), die als relativ verträglich gilt und für die oftmals die Gruppenhaltung sogar empfohlen wird. Doch auch hier zeigte sich, dass sich Wasserschildkröten in kleineren Gruppen besser entwickeln.

Einzelgänger

Eigentlich sind Wasserschildkröten Einzelgänger. Man kann sie also problemlos alleine halten. Das ist sogar die Haltungsform die ich für den Einsteiger dringend empfehle!

Im Zweifel ist Einzelhaltung für Wasserschildkröten immer besser!

Manche Wasserschildkröten sind entweder sehr rabiat, beispielsweise viele Klapp- und Moschusschildkröten, oder sehr stressempfindlich (z.B. Tropfenschildkröten), so dass diese Schildkröten unbedingt einzeln gehalten werden sollten.

Paarhaltung

Die gemeinsame Haltung von einem Männchen mit einem Weibchen ist bei Wasserschildkröten grundsätzlich nicht zu empfehlen. Männlicher Wasserschildkröten aller Arten sind ständig in Paarungslaune, aber die Weibchen nicht. Durch die ständige Balz und zahlreiche Paarungsversuche werden die Weibchen immens gestresst.

Erfolgsformel: Geschlechtertrennung!

Selbst wenn man drei oder vier Weibchen mit einer männlichen Wasserschildkröte gemeinsam hält kann das für die Weibchen schon stressig werden. Daher sollte man männliche und weibliche Wasserschildkröten grundsätzlich getrennt halten. Bei der gemeinsamen Haltung beider Geschlechter kommt es oft zu entzündlichen Veränderungen im Nacken.

Ständiges Balzen stresst die Wasserschildkröten

Gruppenhaltung

Die erfolgversprechendste Gruppenhaltung hat man, wenn man mehrere Weibchen einer Art gemeinsam hält. Das ist die Konstellation bei der es zu den wenigsten Problemen kommt. Aber auch dann kann es immer einmal sein, dass sich einzelne Exemplare nicht für die Gruppenhaltung eignen. Beispielsweise weil sie besonders empfindlich oder im Gegenteil besonders rabiat sind, solche Wasserschildkröten müssen dann aus der Gruppe genommen werden. Ein ernstes Zeichen für eine nicht funktionierende Gruppenzusammenstellung sind Bissverletzungen, zum Beispiel im Nacken, dann müssen die Schildkröten unbedingt getrennt werden.

Bei Gruppenhaltung benötigt man immer ein voll ausgestattetes Zweitaquarium um einzelne Wasserschildkröten separieren zu können.

Ein wichtiger Punkt bei der Gruppenhaltung ist die Größe der Wasserschildkröten. Kein Exemplar sollte besonders groß oder besonders klein sein. Idealerweise sind die Schildkröten alle etwa gleich groß.

Wenn sich Wasserschildkröten gegenseitig beißen hilft nur eins: dauerhafte Trennung

Schmuck- und Höckerschildkröten

Relativ verträglich sind meistens die Schmuckschildkröten der Gattung Pseudemys, also beispielsweise Hieroglyphen-Schmuckschildkröten oder Peninsula-Schmuckschildkröten. Die Weibchen haben untereinander relativ selten Streit. Auch bei vielen Höckerschildkröten klappt es oft gut. Etwas rabiater sind da schon die Buchstaben-Schmuckschildkröten, die Weibchen können ziemlich rabiat sein, so dass eine Einzelhaltung notwendig wird.

Klapp- und Moschusschildkröten

Bei Weibchen von der Gewöhnlichen Moschusschildkröte (Sternotherus odoratus) kann eine Gruppenhaltung funktionieren, muss aber nicht. Bei anderen Moschusschildkröten-Arten klappt die Gruppenhaltung von Weibchen viel seltener. Idealerweise sind die Moschusschildkröten dann gemeinsam aufgewachsen. Geschwister müssen es aber nicht sein, denn Geschwisterliebe kennen Schildkröten nicht. Für eine Gruppe an weiblichen Moschusschildkröten muss das Aquarium natürlich größer sein, für drei bis vier Tiere empfehle ich mindestens eine Grundfläche von 120 x 50 cm. Dann ist eine Strukturierung noch wichtiger als sie es ohnehin schon ist. Damit sich die Moschusschildkröten wenigstens etwas aus dem Weg gehen können. Aber machen wir uns nichts vor, auch in so einem Aquarium können sich die Tiere nicht wirklich aus dem Weg gehen, dazu wären mehr als 10 Meter nötig.

Klapp- und Moschusschildkröten hält man am besten alleine

Bei den Klappschildkröten gelten die Tabasco-Klappschildkröte (Kinosternon acutum) und die Dreistreifen-Klappschildkröte (Kinosternon baurii) als relativ verträglich, auch bei ihnen kann die gemeinsame Haltung von Weibchen klappen.

Tropfenschildkröten

Tropfenschildkröten (Clemmys guttata) gelten als besonders stressempfindlich. Es ist immens wichtig die Tropfenschildkröte einzeln zu halten. So lassen sich manche Exemplare schon durch den Anblick eines Artgenossen durch die Scheibe im Nachbaraquarium derart stressen, dass sie Störungen des Allgemeinbefindens zeigen. Bei Jungtieren verhält es sich etwas anders, diese kann man meist problemlos bis zu einem Alter von zwei bis drei Jahren mit gleichaltrigen Jungtieren gemeinsam aufziehen, dann erst ist Einzelhaltung erforderlich.

Tropfenschildkröten sollte man nicht mit ihresgleichen gemeinsam halten

Einige Halter pflegen eine weibliche Tropfenschildkröten gemeinsam mit einer weiblichen Moschusschildkröte. Das kann klappen, aber man muss die Tiere gut im Auge behalten. Oftmals sind die Moschusschildkröten doch zu bissig, so dass man die Schildkröten trennen muss.

Verschiedene Arten gemeinsam

Kommen wir zum schwierigsten Punkt: verschiedene Wasserschildkröten-Arten gemeinsam halten. Ich empfehle verschiedene Arten getrennt zu halten. Wenn man zwei Arten gemeinsam halten möchte, dann gibt es eine ganze Reihe an Punkten die übereinstimmen müssen, damit man den Bedürfnissen von beiden Arten gerecht werden kann.

Grundsätzlich sollte man verschiedene Arten nicht mischen

Idealerweise kommen die Arten die man gemeinsam halten möchte in der Natur auch gemeinsam vor, dazu findet man im Buch Turtles of the United States and Canada* beispielsweise immer Angaben. Zumindest sollten die Schildkröten aber vom selben Kontinent kommen. Das liegt vor allem daran, dass es auf verschiedenen Kontinenten verschiedene Krankheitserreger gibt. Oftmals sind es Bakterien die bei den Wasserschildkröten aus ihrer Heimat keine großen Probleme verursachen, bzw. nur bei Wasserschildkröten die durch andere Grunderkrankungen oder Stress geschwächt sind. Aber bei Wasserschildkröten die sich noch nie mit diesen Erregern auseinandergesetzt haben kann es zu schweren, bisweilen tödlichen, Infektionen kommen.

Ein wichtiger Punkt ist auch die notwendige Temperatur für die Wasserschildkröten-Art. Wenn man verschiedene Arten gemeinsam hält, so müssen sie die gleichen Ansprüche an die Temperatur haben. Ansonsten müsste ja eine Art entweder dauerhaft zu warm oder dauerhaft zu kalt gehalten werden. Beides führt zu einer gesteigerten Krankheitsempfindlichkeit.

Die Ernährung der Wasserschildkröten-Arten die man gemeinsam pflegen möchte muss auch gleich oder zumindest ähnlich sein. Natürlich fressen im Grunde alle Wasserschildkröten getrocknete Futtertiere und Wasserpflanzen, aber der prozentuale Anteil an pflanzlicher Nahrung ist unterschiedlich. Leider schmecken tierische Futtermittel offenbar besser als Salat, daher kann man den notwendigen Anteil pflanzlicher Nahrung nur schwerlich sicherstellen, wenn man eine Wasserschildkröte die sich fast ausschließlich von tierischen Futtermitteln ernährt im selben Behälter pflegt.

Es gibt Wasserschildkröten die sind sehr schwimmfreudig, wie beispielsweise Höcker- und Schmuckschildkröten. Andere Wasserschildkröten sind eher kletterfreudig, wie Klapp- und Moschusschildkröten. Diese Verhaltensweisen muss man bei der Einrichtung berücksichtigen und entweder viel Schwimmraum anbieten oder viele Einrichtungsgegenstände einbringen die klettern ermöglichen. Die gemeinsame Haltung einer schwimmfreudigen mit einer kletterfreudigen Wasserschildkröte ist nicht zu empfehlen, dann eine Art muss dann Abstriche in ihren Bedürfnissen machen.

Unterschiedlich große Wasserschildkröten sollte man nicht gemeinsam halten. Im Bild links eine Rotwangen-Klappschildkröte und rechts eine Dreistreifen-Klappschildkröte, beides ausgewachsene Weibchen.

Ein wichtiger Punkt ist auch die Endgröße der Wasserschildkröten. Man sollte nicht Wasserschildkröten gemeinsam halten die unterschiedlich groß sind. Das führt nur zu Problemen mit unterdrückten Exemplaren oder im allerschlimmsten Fall und bei extremen Größenunterschieden zu abgebissenen Köpfen.

Wenn du züchten möchtest, dann musst du bei der Verpaarung die Arten unbedingt trennen. Denn die Männchen suchen sich nicht die passende Art aus, sondern sind durchaus gewillt sich mit anderen weiblichen Wasserschildkröten zu paaren. Dann entstehen unerwünschte Mischlinge, denn diese Hybriden tragen zum Arterhalt nicht bei.

Welche Art zu welcher Art passt findest du in der nachfolgenden Tabelle. Die Angaben gelten immer für Weibchen!

Welche Wasserschildkröten passt zu welcher? Die Tabelle in größer gibt es hier

Männchen WG

Männliche Wasserschildkröten sollte man unbedingt einzeln halten. Männchen sind untereinander sehr zänkisch. Insbesondere die Männchen von Zierschildkröten beißen sich bis auf das Blut. Aber auch bei Buchstaben-Schmuckschildkröten gibt es Beißereien unter Männchen. Im Aquarium fehlt einfach die Möglichkeit zu flüchten. Etwas verträglich sind oft männliche Florida-Rotbauch-Schmuckschildkröten und Peninsula-Schmuckschildkröten, da gibt es manchmal Exemplare die gemeinsam ein Aquarium bewohnen und sich tatsächlich nicht beißen.

Empfehlung: Männchen einzeln halten!

Sehr bissig sind die Männchen von Moschusschildkröten, Klappschildkröten und Tropfenschildkröten. Die Männchen dieser Arten muss man unbedingt alleine halten. Auch mit anderen Arten gibt es Beißereien.

Schwarzknopf-Höckerschildkröte (oben) und Rückenstreifen-Zierschildkröte beim Sonnenbad

Eine etablierte Methode der Gruppenhaltung von männlichen Wasserschildkröten ist die sogenannte Männchen WG. Dabei handelt es sich in der Regel um Männchen von Höckerschildkröten und eventuell EINE männliche Zierschildkröte. Dabei kann es aber auch zu Problemen, Beißereien und Stress kommen, man muss immer auf eine Trennung der Schildkröten vorbereitet sein. Mehr Infos über Männchen WGs gibt es im Video auf https://youtu.be/h8HB1OZRt04

Literatur

Wolff, B. (2015): Europäische Sumpfschildkröten, Lebensweise – Haltung – Nachzucht. – Natur- und Tier-Verlag, Münster, 143 S.*